Franz Kafka war sehr mager, er war der magerste Mensch, der ihm selbst je begegnet ist. Auch sein Leben war äußerlich karg, doch heute weiß man, wie kühn und mutig seine Gedanken waren. Wie kein anderer Autor hat dieser 1883 geborene Prager Versicherungsangestellte die Umbrüche seiner Zeit gewittert und beschrieben, und so gelten seine Texte heute als Meilensteine der Weltliteratur und Franz Kafka selbst als Ikone der literarischen Moderne - als Hungerkünstler mit Heiligenschein. Und dennoch stellen uns Kafkas Werke noch immer vor große Rätsel. Wie der Landvermesser K. auf das unheimliche Schloß, so blicken wir ehrfürchtig und hilflos auf seine Sätze. - Mit diesem Buch jedoch wird uns die Angst vor Kafka genommen. Auf witzige und gründliche Art zeigt uns Karla Reimert, wie wie wir Kafkas Erzählungen, Romanversuche und Briefe lesen können und dürfen und wie aufschlußreich seine Biographie für die Lektüre seiner Prosa ist. Dank einer breitangelegten Spurensuche erfahren wir, daß sich Kafka gern und kompliziert verliebte, daß er innerhalb und außerhalb seiner Texte durch und durch Advokat war, daß er im Leben ein Hypochonder und im Tod gänzlich furchtlos war - daß sein magerer Körper der Hort eines Schreibens war, das die Zeiten überdauern wird.
"Er schreibt die klarste und schönste Prosa, die zur Zeit in deutscher
Sprache geschaffen wird." Kurt Tucholsky
"Er war scheu, ängstlich, sanft und gut, doch die Bücher, die er schrieb,
sind grausam und schmerzhaft. (.) Er kannte die Welt auf eine ungewöhnliche
und tiefe Art, selbst war er eine ungewöhnliche und tiefe Welt. Er schrieb
die bedeutendsten Bücher der jungen deutschen Literatur." Milena Jesenská
Wie oft findet sich der Leser als "umgedrehter Käfer" von Franz Kafkas heller und doch unergründlicher Prosa wieder, nur hilflos ausgestattet mit dem Begriff des "Kafkaesken"? Karla Reimert nähert sich dem Prager Autor und seinen Artisten, Asketen und Angestellten auf beherzte Art und erzählt seine Romane, Erzählungen und biographischen Schriften ganz anschaulich, humorvoll und geistreich nach. Sie zeigt uns einen Mann, der ein eifriger Vegetarier und Anhänger der Freikörperkultur war, der sich seinen Frauen so madig machte, dass es eine Schande war, und dessen Briefe an Felice Bauer - in deren Haus Karla Reimert heute lebt - als sein einziger vollendeter Roman angesehen werden können.