Essen ist ein Grundbedürfnis des Menschen und damit eine anthropologische Grundkonstante. Die Auswahl, Zubereitung und Einnahme von Speisen sind eminent kultur- und sozialdistinktive Faktoren und in ihrer Restriktion Mittel zur Ausübung politischer Macht. Schilderungen des Essens sind daher schon immer Gegenstand der Literatur und der Kunst; oft beiläufig geboten, aber zugleich symbolisch aufgeladen.
Auch in den Metamorphosen des römischen Dichters Ovid, einem der bedeutendsten und einflussreichsten Werke der Weltliteratur, ist Essen immer wieder Thema; angefangen mit dem berühmten Gastmahl bei den armen Bauersleuten Philemon und Baucis über den plumpen Zyklopen Polyphem, der mit Erdbeeren, Milch und Käse um die Gunst der Wassernymphe Galatea wirbt, bis hin zu dem großen Philosophen Pythagoras, der in einer flammenden Rede seine Zuhörer von fleischloser Ernährung überzeugen möchte.
Anhand vierer bekannter Szenen des Werkes untersucht die Autorin, inwiefern es eine übergreifende Symbolik und Relevanz des Essens in den Metamorphosen gibt und wie eine solche Aufladung literarisch gestaltet und soziokulturell begründet ist.